Zunehmend betreuen wir Kinder und Jugendliche, deren Beeinträchtigungen entweder von Beginn der Maßnahme an oder aber durch medizinische Diagnosen, welche im Verlauf gestellt werden, dem Rechtskreis des neunten Sozialgesetzbuches zuzuordnen sind. Demnach werden diese Betreuten als junge Menschen mit Behinderung eingestuft.
Durch die besonderen Biografien der jungen Menschen und deren Erfahrungen aus der Zeit vor der Unterbringung, haben sie aber trotz der Zuordnung nach SGB IX auch einen hohen pädagogischen Bedarf, z.B. beispielsweise durch eine Bindungsstörung begründet.
Die Bearbeitung dieser sogenannten „Mischfälle“ führt nicht selten zu großen Herausforderungen im pädagogischen Alltag der Betreuungsstellen.
Eine Abgabe der Fallzuständigkeit von der Jugend- an die Eingliederungshilfe führt in vielen Fällen dazu, dass die Begleitung und Unterstützung durch den öffentlichen Träger deutlich reduziert wird, weil kein fallführendes Jugendamt mehr zuständig ist und die pädagogische Fallsteuerung wegbricht. Der Gesamtplan wird i.d.R. auch nur alle 2 Jahre festgelegt, während die Hilfen zur Erziehung, welche im SGB VIII verankert sind, in der Regel mit dem halbjährigen Hilfeplan engmaschiger begleitet werden und dadurch der Bedarf aktueller erhoben werden kann. Erfahrungsgemäß hat dies dann auch zur Folge, dass dringende pädagogische Fragestellungen oder Prozesse nicht immer adäquat begleitet werden können und eine optimale Unterstützung nur schwer erreicht wird.
Erschwerend hinzu kommt, dass die Mitarbeiter*innen der Eingliederungshilfe inhaltlich u.U. auch noch nicht gleich auf die Bearbeitung der Themen aus dem Behindertenbereich vorbereitet sind, da in der klassischen Jugendhilfe ja der Auftrag in der Begleitung von pädagogischen Themen gesehen wird. In der Behindertenhilfe nach SGB IX werden andere Schwerpunkte im Rahmen der Hilfe gelegt.
Schnell ist man mittendrin in der Kompetenz- und Zuständigkeitsdiskussion während der Herausforderungen des pädagogischen Alltags im Zusammenleben mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen, welche unverändert Beachtung finden wollen. Sei es im direkten Umgang mit den Schutzbefohlenen oder dem Bestreben, sie nach ihren individuellen Bedürfnissen bestmöglich zu unterstützen. Sei es in Bezug auf die häufig zeitaufwendigere ärztliche und therapeutische Versorgung durch die Wahrnehmung der vielfältigen Termine oder allem anderen, was anfällt, um sich den Hürden in der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Kostenträgern zu stellen.
Es geht auch um grundlegende Fragen die erstmalig recherchiert werden müssen, z.B. wer für was zuständig ist, bei wem welcher Antrag zu stellen ist, wer bei aktuell anstehenden Fragen am besten beraten kann, etc.
Der Gesetzgeber strebt die inklusive Kinder- und Jugendhilfe an. Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung sollen in naher Zukunft gemeinsam betreut werden. Nach unserem Erleben führen die bisher erfolgten Stufen der Reformen des achten Sozialgesetzbuches und des Bundesteilhabegesetzes in der Praxis eher zu großer Verunsicherung bei den Beteiligten in den Helferrunden und zu einer Verkomplizierung der Abläufe im Amtswesen.
Eine übergreifende, einheitliche Vorgehensweise in der Bearbeitung könnte ein erster Schritt sein, diese Entwicklung zu unterbrechen, aber es ist eher davon auszugehen, dass dies in den Zeiten des Umbruchs nicht umsetzbar ist. Daher hat sich die h&p Rheinland-Pfalz/Hessen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gGmbH zum Ziel gesetzt, einerseits diese Hürden durch den Fachdienst zu nehmen und in gewohnter Weise im intensiven Austausch mit den jeweiligen Kostenträgern zu bleiben.
Andererseits aber gilt es auch, die weiteren Entwicklungen der Kinder- und Jugendhilfe im Auge zu behalten, um die anstehenden Änderungen in der Gesetzgebung im pädagogischen Alltag zu berücksichtigen und rechtzeitig entsprechende, manchmal auch kreative Konzepte zu entwickeln bzw. anzupassen, die es brauchen wird, um die sogenannten Mischformen gut versorgt zu wissen. Nur so kann aus Sicht des Trägers eine gute Zusammenarbeit unter den verschiedenen Professionen ermöglicht, den betroffenen jungen Menschen Recht verschaffen und ihren Bedarfen entsprechend adäquat begegnet werden.
Carmen Schlesag
Fachdienst
70 Jahre Weltkindertag
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Das Team der leitenden Fachdienste der h&p Rheinland-Pfalz / Hessen gGmbH
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Fotoprojekt 2024: „Herkunft erkunden und Identität entfalten“ – Herzlichen Glückwunsch an die Gewinnerin Frau Dehner!
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