Ramadan – Interkulturelles Zusammenleben in der Familienwohngruppe Viernheim

25. Mai. 2021Betreuungsstellen, Bewerber*innen, Jugendämter

Seit 2015 leben in der Familienwohngruppe Viernheim der h&p Rheinland-Pfalz / Hessen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gemeinnützige GmbH zwei afghanischen Brüder zusammen mit weiteren betreuten jungen Menschen und den Pädagog*innen.
Entsprechend der Konzeption und der Haltung in der Familienwohngruppe Viernheim gab es von Beginn an keinerlei Schwierigkeiten, Wege für die verschiedene Lebensformen zu finden, andere Auffassungen zu akzeptieren und in den Alltag zu integrieren. So ist z.B. Schweinefleisch fast gänzlich von dem Speiseplan der Familienwohngruppe gewichen. Täglich gibt es, neben vegetarischem Essen (hier findet die Überzeugung einiger zu Betreuender aber auch die der Pädagog*innen ihre Berücksichtigung), zusätzlich weitestgehend halal-konformes Essen.

Die Integration des Ramadan -des Fastenmonats der Muslime- fand in den Jahren, die die Brüder in der Familienwohngruppe lebten, ebenso statt. In diesem Jahr mit dem Unterschied, dass erstmals auch der jüngere Bruder im Rahmen des Ramadans fastete. Wie in den letzten Jahren stellten die Pädagog*innen ein ausgiebiges Essen am Abend für die Geschwister zurück. In diesem Jahr entwickelte sich aber die Motivation bei den beiden Brüdern, sich am Abend selbst gemeinsam ein eigenes Essen vor- und zuzubereiten. So wurde die Küche in der Familienwohngruppe in den späteren Abenden bis zum Ende des Ramadans am 13.05.2021 noch einmal ordentlich belebt. Teilweise kommt es zu Verkalkulationen in der Zubereitungszeit. Zudem gibt es immer wieder kleinere Konflikte und Unstimmigkeiten, zwecks der Rezepte. Dennoch verbringen die beiden Brüder deutlich mehr Zeit miteinander, haben Spaß am Kochen entwickelt, scherzen gemeinsam, finden zueinander.

Afghanische Kochbücher laden die Beiden ein, altbekannte Rezepte nachzukochen. Nicht selten wecken die unbekannten orientalisch-asiatischen Düfte am Abend bei den anderen Mitbewohner*innnen Interesse und auch Gelüste, sodass das Kochen zu einem gemeinsamen Happening auch für nicht-muslimische Mitbewohner*innen wird. Zur Freude aller schmecken die Speisen meist lecker. Über Fehlversuche und angebrannte Speisen kann zusammen meist geschmunzelt und gelacht werden, mit etwas Unterstützung findet sich immer eine Lösung oder Alternative.

Inhaltlich kann der Ramadan, auch glaubensunabhängig, im Familienwohngruppenalltag genutzt werden, um den dahinterstehenden Werten Raum zu geben. So ist das Thema Gemeinschaft, Versöhnung, Dankbarkeit, Beisammensein, aber auch Verzicht in den letzten Wochen besonders präsent und lädt immer wieder dazu ein, hierauf Bezug zu nehmen.

Entsprechend der Rahmenkonzeption der h&p Rheinland-Pfalz / Hessen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gemeinnützige GmbH wird an diesem Beispiel die Haltung deutlich, dass „….jeder junge Mensch ein Recht auf eine positive Persönlichkeitsentwicklung in den Betreuungsangeboten hat und hierzu im Besonderen auch die Ausübung der Religionsfreiheit gehört.“