Regionaltagung der h&p Rheinland-Pfalz/ Hessen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe gGmbH

28. Nov.. 2022Betreuungsstellen, Bewerber*innen, Jugendämter

Etwas Gutes hat Corona mit sich gebracht. Was früher kaum vorstellbar war, ist mittlerweile keine Hürde mehr: Tagungen im digitalen Format durchzuführen. So wurden auch in diesem Herbst die beiden Regionaltagungen für Rheinland-Pfalz und Hessen digital durchgeführt, was für die teilnehmenden Kooperationspartner*innen den angenehmen Nebeneffekt hatte, keine weite Fahrt auf sich nehmen zu müssen. Inhaltlich ging es unter der Überschrift „Partizipation mit Wirkung“, dem diesjährigen Jahresthema der haug&partner unternehmensgruppe, um das Thema Genogramm-Arbeit. Das Erstellen von Familien-Genogrammen kann ein Weg sein, um Partizipation von Kindern/Jugendlichen und Eltern erlebbar zu machen.

Zunächst wurden die Schritte zur Erstellung eines Genogramms betrachtet und welche Informationen im Genogramm enthalten sein können. Ausgehend von den zentralen Personen, nämlich den Kindern oder Jugendlichen, die in einer Erziehungsstelle untergebracht sind, wird ähnlich wie bei einem Stammbaum das gesamte Familiensystem aufgezeichnet, soweit es bekannt ist. Dabei fließen in die Darstellung weitere Informationen, wie z.B. Alter, Geschlecht, Berufe, Krankheiten, Hochzeiten, Trennungen, besondere familiäre Ereignisse (z.B. Flucht/Krieg, Suizide). Wenn gewünscht, können auch besondere Beziehungen graphisch mit dargestellt werden

Bei der Erstellung eines Genogramms handelt es sich auch um intensive Beziehungsarbeit. Den Klienten wird zugleich die Botschaft vermittelt „Ich sehe und interessiere mich für dich. Ich schätze dich und deine Familie/Herkunft wert.“ Genogramme dienen dazu, Beziehungsmuster und Zusammenhänge innerhalb einer Familie zu durchschauen, sowie wiederkehrende Muster in der Familiengeschichte zu verdeutlichen. Durch die Betrachtung eines Genogramms schaut man von der Meta-Ebene auf das Familiensystem und ist dadurch in der Lage, bestimmte Verhaltensweisen, Entscheidungen, Krisen, Tabus, Schicksale oder Krankheiten vor dem familiären Hintergrund besser verstehen und einordnen zu können.

Nach dem Theorie-Input übten sich die Teilnehmenden in der Interpretation eines Genogramms und der Hypothesenbildung. Dabei zeigte sich, dass selbst bei einem Genogramm, das auf den ersten Blick nicht sehr ungewöhnlich erscheint, viele weiterführende Informationen herausgefiltert werden können, die dann in Arbeitshypothesen verdichtet werden. Oftmals zeigt sich, dass durch die Einordnung von Verhaltensweisen in einen größeren Kontext (z.B. Kind schwänzt die Schule), der Sinn des Symptoms deutlich wird. Das Verhalten des Kindes oder Jugendlichen wird in diesem Moment von demjenigen als Lösung des Problems empfunden.

Zu beachten ist, dass Hypothesen nur Arbeitshypothesen sind und der Überprüfung bedürfen, wenn sich die Umstände verändern oder neue Informationen hinzukommen. Schwing/Fryszer formulieren es so: „Dabei gehen wir nicht von linearen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen aus, sondern von zirkulären Wechselwirkungen, dies sollte sich auch in der Hypothesenbildung ausdrücken.“

In großer Runde wurde sich dann noch darüber ausgetauscht, welche Erfahrungen bei den Kooperationspartner*innen bereits mit Genogramm-Arbeit gemacht wurden und wo diese hilfreich waren. Mit einem Ausblick auf die nächste Regionaltagung in 2023 ging das Treffen zu Ende.

Ute Lippert

Regionalleitung Ost